X, vormals Twitter, ist wie jedes andere „Soziale“ Netzwerk ein beliebter Ort um auf Menschen einzutreten die Hilfe aus den unterschiedlichsten Gründen brauchen. Die Zurschaustellung von extremen Situationen in denen hilfsbedürftige Menschen oder deren Lebensräume öffentlich gezeigt werden, erfreut sich großer Beliebtheit, wie in dem vorliegenden Fall.

“Empathielos und Klickgeil!”

Eine weiblich gelesene Person zeigt ein Foto von einem unsauberen und chaotischen Wohnraum. Unter dem Tisch sind viele Medikamentenpackungen zu sehen, was mir als erstes ins Auge fällt. Welche das genau sind, kann ich als Laie nicht erkennen, jedoch gehe ich davon aus, dass die Person, die in diesem Zimmer lebt, sehr krank ist. Psychisch oder körperlich, vielleicht auch beides. Ich bin Laie und möchte das nicht beurteilen. Fakt ist, auf diesem Bild ist zu erkennen, dass ein Mensch dringend Hilfe benötigt.

Die tweetende Person stellt folgende Frage:

Screenshot eines Tweets mit Bild, das ein unordentliches Zimmer zeigt. (Bild habe ich unkenntlich gemacht) Die tweetende Person fragt: „Du hast ein Date und wurdest nachhause eingeladen, dass ist das Zimmer von deinem Date, was macht du?“

„Du hast ein Date und wurdest nachhause eingeladen, dass ist das Zimmer von deinem Date, was macht du?“

Es folgen sehr viele abwertende Bemerkungen über mangelnde Körperhygiene, wie man so leben könnte und andere lästernde, verachtende Bemerkungen. Einige wenige stehen der unbekannten dort lebenden Person bei. Aber der Hass, die Häme überwiegt. Und für mich zeigt sich an diesem Beispiel, warum Menschen mit Depressionen, Behinderungen und anderen Krankheiten, die das Leben negativ beeinflussen können, nicht darüber sprechen, wie es ihnen geht. Sie werden stigmatisiert, verunglimpft und ziehen sich noch mehr zurück, obwohl sie eigentlich Hilfe brauchen. Oft trauen Betroffene sich nicht Hilfe anzufragen, weil sie sich schämen. Müssten sie nicht, denn es ist eine Krankheit oder eine Behinderung, für die sie nichts können.

Dennoch haben wir und dazu gehöre ich auch, Angst davor andere zu fragen, ob sie helfen können. Weil wir uns schämen, nicht das leisten zu können, was angeblich gesellschaftlich als Norm gilt. Alle Versuche das zu ändern, scheitern auf die ein oder andere Weise. Es fehlt Hilfe, Begleitung und Unterstützung. Nicht oberlehrerhaft, sondern individuell auf die Bedürfnisse abgestimmt.

Was es braucht, sind Fragen wie: Was brauchst du? Wie kann ich dir helfen? Und nicht: Dass musst du so machen und so und letztendlich die eigene Lebensweise in jemanden reinzupressen, der völlig andere Bedürfnisse hat.

Niemand sollte sich wegen seiner Krankheit oder Behinderung schämen müssen. Schämen müssen sich jene, die so abfällig darüber reden, nach unten treten, um sich selbst besser zu fühlen und über andere zu erheben.

Muss ich da helfen?

Nein, natürlich musst du nicht helfen und wenn du selbst aus Gründen nicht in der Lage bist aktiv zu helfen, dann sei ehrlich und sage das auch so und nicht abwertend. Was du aber vielleicht machen könntest anzubieten einen Termin bei einer Beratungsstelle zu machen und evtl. zu begleiten, oder jemanden zu finden der das übernehmen könnte. Denn der Mut alleine zu gehen fehlt, auch wenn der Wille da ist.

Und manchmal braucht es nur einen Menschen der sich dazusetzt

und einfach nur da ist!

 

Was du außerdem machen kannst: Nicht verurteilen, nicht abfällig und klischeehaft reden, keine abgedroschenen Phrasen loslassen und vor allem nicht die Person bloßstellen, wie die Person, die dieses Bild veröffentlicht hat. Denn das ist nicht mutig. Im Gegenteil. Es ist feige und vor allem strafbar. Sei dir dessen bewusst.

Mutig ist die Person, die jemanden trotz allem in ihr Leben gelassen hat. Sie hatte den Mut Vertrauen zu haben.

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